EuGH muss über Verjährung von Urlaubsansprüchen entscheiden

Nun muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Verjährung von Urlaubsansprüchen entscheiden.

Ich habe bereits in meinem Post vom 27.09.2020 auf ein für das deutsche Arbeitsrecht bedeutsames Verfahren beim Bundesarbeitsgericht (Az.: 9 AZR 266/20 (A)) hingewiesen (Link). Es geht wieder um die Frage, in welcher Form ein Arbeitgeber nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mitwirken muss, damit der Urlaub vom Arbeitnehmer im laufenden Jahr genommen werden kann. Notfalls muss er den Arbeitnehmer auffordern, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Macht er das nicht, verfällt der Urlaub nicht. Offensichtlich geht das Bundesarbeitsgericht in dem jetzt verhandelten Fall davon aus, dass der beklagte Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nachgekommen ist. Der Urlaub wäre so nicht verfallen. Das führt wegen der zahlreichen betroffenen Jahre zu der weiteren Frage, ob die Urlaubsansprüche (oder ein Teil davon) verjährt sind. Normalerweise tritt die Verjährung von Urlaubsansprüchen nach 3 Jahren ein. Die Verjährungsfrist beginnt immer am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, zu laufen.

Leider bin ich am 29.09.2020 in Erfurt bei der Verhandlung des Bundesarbeitsgerichts als Zuschauer nicht dabei gewesen. Ich vermute daher, dass es das BAG für möglich hält, dass die Verjährungsfrist wegen höherrangigem europäischen Recht nicht zu laufen begann. Leider hat das Bundesarbeitsgericht die entscheidenden Fragen nicht beantworten können. Wie der jetzt veröffentlichten Pressemitteilung (Pressemitteilungen des BAG) zu entnehmen ist, legt das Bundesarbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor. Also muss der EuGH über Verjährung von Urlaubsansprüchen und die Vereinbarkeit mit europäischem Recht entscheiden.

Das Revisionsverfahren ruht bis zur Entscheidung des EuGH.

DHV nicht tariffähig – wie geht es weiter?

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat am 22.05.2020 entschieden, dass die DHV (eine Gewerkschaft des Christlichen Gewerkschaftsbundes CGB) nicht tariffähig ist (DHV nicht tariffähig – LAG Hamburg vom 22.05.2020). Erwartungsgemäß hat die DHV inzwischen angekündigt, die Entscheidung vor dem Bundesarbeitsgericht anzufechten (Presseportal der DHV). Aber wie geht es nun weiter?

Die DHV ist eine relativ kleine Gewerkschaft, die aber über ihre Beteiligung an Tarifverträgen enorme Bedeutung für hunderttausende Arbeitsverträge hat. Ist die DHV aber nicht tariffähig, kann sie auch keine Tarifverträge abschließen. Alle von ihr bereits ausgehandelten Tarifverträge wären nichtig. Falls die Entscheidung des LAG Hamburg also rechtskräftig wird, müssen die dann nichtigen Bestimmungen aller Tarifverträge der DHV (z. Bsp. Manteltarifvertrag „Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e.V.“ und dessen Folge-Tarifverträge) durch andere Regeln ersetzt werden.

Beispielsweise laufen anstelle der teilweise nur wenige Monate dauernden Fristen, in denen Ansprüche anzumeldem und mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht geltend zu machen sind, die gesetzlichen Verjährungsfristen. Diese betragen mindestens drei Jahre und beginnen am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Arbeitnehmer, die in ihrem Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifvertrages, an dem die „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“ vereinbart haben, sollten daher jetzt prüfen, ob ihnen aus dem Jahr 2017 noch Ansprüche zustehen könnten. Das gilt gerade für Ansprüche, die wegen der kurzen Ausschluss- und Klagefristen in den DHV-Tarifverträgen aus Unwissenheit versehentlich nicht geltend gemacht wurden. Die Ansprüche sollten dann noch in diesem Jahr beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden, da sie ansonsten endgültig der Verjährung unterfallen.

Die Arbeitsgerichte werden die Verfahren zwar vorerst aussetzen bis zur endgültigen Entscheidung über die Tariffähigkeit der DHV. Verjähren können die Ansprüche dann aber nicht mehr. Sollte das Bundesarbeitsgericht bestätigen, dass die DHV nicht mehr tariffähig ist, sind die betreffenden Ansprüche nicht verfallen.