Nachlass überschuldet und das Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden – was ist zu tun?

Nachlass überschuldet und das Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden

Ein nicht seltener Fall in der Praxis. Die Mutter oder der Vater stirbt, ohne größeres Vermögen zu hinterlassen. Das Vermögen reicht gerade aus, um die Beisetzung und die Erledigung der wichtigsten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Abwicklung des Erbfalles zu bezahlen. Ein Jahr später trifft plötzlich ein Brief vom Finanzamt ein. Es ist ein Bescheid über Einkommenssteuer, die der Erbe für den Verstorbenen zahlen soll.

Eine nähere Prüfung ergibt, dass der Verstorbene tatsächlich (pflichtwidrig) keine Einkommenssteuererklärung abgegeben hat. Das Finanzamt hat die Renteneinkünfte des Verstorbenen anhand der Mitteilungen der Rentenversicherung korrekt ermittelt. Die Forderung des Finanzamtes auf Zahlung der Einkommenssteuer erscheint erst einmal begründet. Schließlich haftet der Erbe grundsätzlich auch für die Schulden im Nachlass.

Da die sechswöchige Frist für die Ausschlagung des Erbes ausgeschlagen ist, kann das Erbe nicht mehr ausgeschlagen werden. Theoretisch ist es zwar möglich, die Unterlassung der Ausschlagung nachträglich anzufechten (z. Bsp. wegen der nachträglichen Erkenntnis, dass der Nachlass überschuldet ist). Meine Erfahrungen mit der Praxis besagen aber, dass die Gerichte hier sehr hohe Hürden stellen, so dass dieser Weg nur in wenigen Fällen erfolgreich ist.

Der Erbe stellt also mit Erschrecken fest, dass er Geld an das Finanzamt zahlen soll, obwohl doch kein Geld mehr aus dem Erbe vorhanden ist. Der Nachlass ist überschuldet und das Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden.

Was ist zu tun?

Abhilfe kann in diesem Fall die Erhebung der sog. “Dürftigkeitseinrede“ bringen. Danach ist der Erbe berechtigt, die Begleichung von Nachlassschulden zu verweigern, wenn das Vermögen des Nachlasses nicht mehr ausreicht. Weitere Voraussetzung ist, dass die Anordnung einer Nachlassverwaltung oder -insolvenz mangels Masse nicht geboten ist. Diese „Dürftigkeitseinrede“ gilt auch gegenüber dem Finanzamt. Eine Einschränkung besteht aber insoweit, dass sie dort erst im Vollstreckungsverfahren anerkannt wird. Ein Einspruch gegen den oben erwähnten Steuerbescheid mit der Begründung, dass der Nachlass erschöpft ist, wird daher kaum erfolgreich sein.

Es empfiehlt sich aber, gegenüber dem Finanzamt bereits in jeder Phase des Verfahrens immer wieder auf den nicht ausreichenden Nachlass hinzuweisen. Falls das nicht hilft, sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

DHV weiterhin nicht tariffähig

Es bleibt also dabei, dass die DHV nicht tariffähig ist. Das Bundesarbeitsgericht hat gestern die Entscheidung des LAG Hamburg vom 22.05.2021 bestätigt (Pressemitteilung vom 22.06.2021). Über die Thematik habe ich hier schon mehrfach berichtet (Blogeintrag vom 25.06.2020 und Blogeintrag vom 28.07.2020). Der Grund für die Aberkennung der Tariffähigkeit liegt in der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den sozialen Gegenspielern, so das Bundesarbeitsgericht. Die DHV verfüge nur über einem Gesamtorganisationsgrad von etwa einem Prozent. Damit fehle die soziale Mächtigkeit, um flächendeckende Tarifverträge abschließen zu können.

Die Aberkennung der Tariffähigkeit hat enorme Folgen für die arbeitsrechtliche Praxis. Alle Tarifverträge, die von der DHV abgeschlossen wurden, sind nichtig. Das betrifft u.a. den Manteltarifvertrag „Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e.V.“ und seine Folge-Tarifverträge.

Unzählige Verfahren vor den Arbeitsgerichten, die wegen der ungeklärten Frage, ob die DHV tariffähig ist, ausgesetzt waren, können nun fortgesetzt werden. Die weggefallenen Regelungen der DHV-Tarifverträge müssen durch andere Regeln ersetzt werden, z.B. das BGB oder vergleichbare Tarifverträge.

Arbeitnehmer, die in ihrem Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifvertrages der „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“ vereinbart haben, sollten daher jetzt prüfen, ob ihnen noch Ansprüche zustehen. Das gilt gerade für Ansprüche, die wegen der kurzen Ausschluss- und Klagefristen in den DHV-Tarifverträgen bislang nicht geltend gemacht wurden. Innerhalb der allgemeinen Verjährungsgrenze (mindestens 3 Jahre) leben so schon verloren geglaubte Ansprüche wieder auf.

Bundesarbeitsgericht verwirft weit verbreitete Ausschlussklausel

Bundesarbeitsgericht verwirft weit verbreitete Ausschlussklausel

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) verwirft eine weit verbreitete Ausschlussklausel. In einer erst jetzt vollständig veröffentlichten Entscheidung hat das BAG eine in unzähligen Arbeitsverträgen verwendete Ausschlussklausel für unwirksam erklärt.

Es geht um diese Klausel:

„Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen.“

Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen weit verbreitet

So oder ähnlich sehen sehr viele Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen aus. Ausschlussklauseln dienen dem Zweck, schnelle Rechtsklarheit herbeizuführen. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb weniger Wochen oder Monate angemeldet werden, sonst verfallen sie endgültig. Das kann im Einzelfall schwerwiegende Auswirkungen haben. Viele Menschen rechnen wegen der deutlich längeren Verjährungsfristeneinfach nicht damit, ihre Ansprüche so kurzfristig anmelden zu müssen.

Neue Rechtslage nach der Entscheidung des BAG

In der aktuellen Entscheidung des BAG geht es aber nicht um die Fristen. Vielmehr geht es um den allumfassenden Wortlaut. Die Klausel betrifft danach pauschal alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Bislang hatte das Bundesarbeitsgericht diese Klauseln so ausgelegt, dass entgegen dem umfassenden Wortlaut bestimmte Ausnahmen zugelassen wurden, für die Ausschlussfrist nicht galt. Das gilt nun nicht mehr. Kurz gesagt: Wenn „alle Ansprüche“ in der Klausel steht, sind auch alle Ansprüche gemeint.

Warum haben die Erfurter Richter die Klausel aber für unwirksam erklärt? Kurze Antwort: Weil sie zu pauschal ist. Sie umfasst eben auch Ansprüche aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. Das können Verletzungen von Leben, Gesundheit oder Eigentum sein. Bei Vorsatz darf die Haftung aber im Voraus durch eine Klausel nicht erleichtert werden. Das war aber hier der Fall, denn die gesetzliche Verjährungsfrist ist bei vorsätzlichen unerlaubten Handlungen viel länger.

Aufleben verloren geglaubter Ansprüche

Für die Praxis hat die Entscheidung weitreichende Folgen. Die betreffenden Klauseln in den Arbeitsverträgen entfallen ersatzlos. Jeder einzelne Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis kann bis zur Verjährungsgrenze (grundsätzlich 3 Jahre) geltend gemacht werden. So mancher verloren geglaubte Anspruch lebt da wieder auf.

Hier geht es zur Entscheidung des BAG (Urteil vom 26.11.2020, Az.: ( AZR 58/20).

Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung – §128a ZPO

Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung – Dank der Corona-Krise erwacht eine fast zwanzigjährige Rechtsvorschrift aus dem Dornröschenschlaf zum Leben.

Eigentlich handelt es sich bei § 128a ZPO um eine Vorschrift, mit der ich praktisch seit Beginn meiner Anwaltstätigkeit im Jahr 2000 schon einmal hätte in Berührung kommen können, ja vielleicht sogar müssen. Schließlich wurde § 128a ZPO schon 2001 in Kraft gesetzt. Dennoch habe ich diesen Paragrafen nie in der praktischen Anwendung erlebt. § 128a ZPO lag praktisch im Dornröschenschlaf.

Wie die Überschrift schon verrät, ermöglicht § 128a ZPO dem Zivilgericht, eine Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung mit den Prozessbeteiligten zu führen. Dennoch wurde in der Vergangenheit von dieser Vorschrift so gut wie nicht Gebrauch gemacht. Jedenfalls ist mir kein einziger konkreter Fall bekannt geworden, in dem ein Zivilgericht auf diese Art und Weise eine Verhandlung geführt hätte.

Doch am heutigen Tage war es dann tatsächlich soweit. Gegenwärtig führe ich als Verfahrensbevollmächtigter einen Zivilprozess vor dem Landgericht Oldenburg (Oldenburg). Zur der anstehenden mündlichen Verhandlung hätte ich normalerweise zum Landgericht nach Oldenburg in Niedersachsen reisen müssen. Hin- und Rückfahrt hätten bei einer Fahrtsrecke von 2 x ca. 380 km für mich eine Tagesreise bedeutet. Doch dazu kam es nicht.  Der zuständige Richter am Landgericht Oldenburg (Oldenburg)  hatte vor dem heutigen Sitzungstermin die Möglichkeit angeboten, per Bild- und Tonübertragung zu verhandeln. Sowohl der Kollege auf der Gegenseite als auch ich haben zugestimmt. So kam es, dass ich heute erstmalig an einer Gerichtsverhandlung per Bild- und Tonübertragung teilgenommen habe. Für mich persönlich ist § 128a ZPO sozusagen heute zum Leben erwacht.

Natürlich eignet sich nicht jedes Verfahren dazu, per Videoübertragung zu verhandeln. Ganz sicher schlummert in § 128a ZPO aber noch sehr viel Potential. In Verfahren mit nicht zu umfangreichen Sachverhalten kann gut per Videoübertragung verhandelt werden. Das gilt auch, wenn Prozessbeteiligte sehr weite Anfahrtswege haben. Ich bin überzeugt, dass nicht zuletzt durch die gegenwärtig herrschende Corona-Pandemie so manches Gericht § 128a ZPO neu entdecken und anwenden wird.

EuGH muss über Verjährung von Urlaubsansprüchen entscheiden

Nun muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Verjährung von Urlaubsansprüchen entscheiden.

Ich habe bereits in meinem Post vom 27.09.2020 auf ein für das deutsche Arbeitsrecht bedeutsames Verfahren beim Bundesarbeitsgericht (Az.: 9 AZR 266/20 (A)) hingewiesen (Link). Es geht wieder um die Frage, in welcher Form ein Arbeitgeber nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mitwirken muss, damit der Urlaub vom Arbeitnehmer im laufenden Jahr genommen werden kann. Notfalls muss er den Arbeitnehmer auffordern, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Macht er das nicht, verfällt der Urlaub nicht. Offensichtlich geht das Bundesarbeitsgericht in dem jetzt verhandelten Fall davon aus, dass der beklagte Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nachgekommen ist. Der Urlaub wäre so nicht verfallen. Das führt wegen der zahlreichen betroffenen Jahre zu der weiteren Frage, ob die Urlaubsansprüche (oder ein Teil davon) verjährt sind. Normalerweise tritt die Verjährung von Urlaubsansprüchen nach 3 Jahren ein. Die Verjährungsfrist beginnt immer am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, zu laufen.

Leider bin ich am 29.09.2020 in Erfurt bei der Verhandlung des Bundesarbeitsgerichts als Zuschauer nicht dabei gewesen. Ich vermute daher, dass es das BAG für möglich hält, dass die Verjährungsfrist wegen höherrangigem europäischen Recht nicht zu laufen begann. Leider hat das Bundesarbeitsgericht die entscheidenden Fragen nicht beantworten können. Wie der jetzt veröffentlichten Pressemitteilung (Pressemitteilungen des BAG) zu entnehmen ist, legt das Bundesarbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor. Also muss der EuGH über Verjährung von Urlaubsansprüchen und die Vereinbarkeit mit europäischem Recht entscheiden.

Das Revisionsverfahren ruht bis zur Entscheidung des EuGH.

BAG – wann verfallen Urlaubsansprüche?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) muss wieder einmal die Frage beantworten: „Wann verfallen Urlaubsansprüche?“ Diese Frage ist geradezu ein Dauerbrenner in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Erfurter Richter des BAG verhandeln am 29.09.2020 wieder einmal über den Verfall von Urlaubsansprüchen (Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts). Das Thema ist derzeit immer wieder Verhandlungsgegenstand beim BAG, seit der EuGH  einige wegweisende Entscheidungen zu diesem Thema erlassen hatte. Auch habe mich hier schon diesen Fragen beschäftigt (Wann verfällt nicht genommener Jahresurlaub?).

In dem jetzt zu verhandelnden Fall geht es um eine Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Ausscheiden aus der Firma im Jahr 2017 eine Urlaubsabgeltung für 101 Urlaubstage (es geht immerhin um fast 20.000,00 EUR) fordert. In der ersten Instanz (vor dem Arbeitsgericht Solingen) erhielt die Klägerin nur rund 550,00 EUR zugesprochen. Das war nur ein kleiner Teil der beanspruchten Gesamtforderung. Also ging die Klägerin in Berufung und hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sprach ihr weitere 17.376,64 EUR zu. Das wiederum wollte die ehemalige Arbeitgeberin nicht hinnehmen und legte Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.

Juristisch ist die Sache interessant, weil es den Verlautbarungen in der Fachpresse nach wieder um Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers geht. Zur Erinnerung: Der Arbeitgeber muss nach der neueren Rechtsprechung dafür Sorge tragen, dass der Urlaub vom Arbeitnehmer im laufenden Jahr genommen werden kann. Notfalls muss er den Arbeitnehmer auffordern, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Anderenfalls riskiert er, dass der Urlaub nicht verfällt und sich so aufsummiert. In dem jetzt vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall geht es ja auch um gut 100 Urlaubstage bzw. einen Wert von fast 20.000,00 EUR. Das ist ein gutes Beispiel, dass es sich schon aus wirtschaftlichen Gründen lohnt, die anstehende Entscheidung des BAG zur Beantwortung der Frage: „Wann verfallen Urlaubsansprüche?“ genau unter die Lupe zu nehmen.

DHV nicht tariffähig – wie geht es weiter?

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat am 22.05.2020 entschieden, dass die DHV (eine Gewerkschaft des Christlichen Gewerkschaftsbundes CGB) nicht tariffähig ist (DHV nicht tariffähig – LAG Hamburg vom 22.05.2020). Erwartungsgemäß hat die DHV inzwischen angekündigt, die Entscheidung vor dem Bundesarbeitsgericht anzufechten (Presseportal der DHV). Aber wie geht es nun weiter?

Die DHV ist eine relativ kleine Gewerkschaft, die aber über ihre Beteiligung an Tarifverträgen enorme Bedeutung für hunderttausende Arbeitsverträge hat. Ist die DHV aber nicht tariffähig, kann sie auch keine Tarifverträge abschließen. Alle von ihr bereits ausgehandelten Tarifverträge wären nichtig. Falls die Entscheidung des LAG Hamburg also rechtskräftig wird, müssen die dann nichtigen Bestimmungen aller Tarifverträge der DHV (z. Bsp. Manteltarifvertrag „Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e.V.“ und dessen Folge-Tarifverträge) durch andere Regeln ersetzt werden.

Beispielsweise laufen anstelle der teilweise nur wenige Monate dauernden Fristen, in denen Ansprüche anzumeldem und mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht geltend zu machen sind, die gesetzlichen Verjährungsfristen. Diese betragen mindestens drei Jahre und beginnen am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Arbeitnehmer, die in ihrem Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifvertrages, an dem die „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“ vereinbart haben, sollten daher jetzt prüfen, ob ihnen aus dem Jahr 2017 noch Ansprüche zustehen könnten. Das gilt gerade für Ansprüche, die wegen der kurzen Ausschluss- und Klagefristen in den DHV-Tarifverträgen aus Unwissenheit versehentlich nicht geltend gemacht wurden. Die Ansprüche sollten dann noch in diesem Jahr beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden, da sie ansonsten endgültig der Verjährung unterfallen.

Die Arbeitsgerichte werden die Verfahren zwar vorerst aussetzen bis zur endgültigen Entscheidung über die Tariffähigkeit der DHV. Verjähren können die Ansprüche dann aber nicht mehr. Sollte das Bundesarbeitsgericht bestätigen, dass die DHV nicht mehr tariffähig ist, sind die betreffenden Ansprüche nicht verfallen.

 

Wird Fahrverbot vorerst ausgesetzt?

Wird zu schnelles Fahren vorerst nicht mit einem Fahrverbot geahndet? So sieht es wohl aus, denn einzlne Bundesländer haben zumindest die neuen Regeln über das Fahrverbot vorerst ausgesetzt.

Aber was ist der Grund? Chaos im Bundesverkehrsministerium? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist dem Bundesverkehrsministerium offenbar ein einfacher, aber äußerst folgenschwerer Fehler unterlaufen. In der neuen Straßenverkehrsordnung (StVO) fehlt schlicht ein Hinweis auf § 26a Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Dieser Paragraph besagt, dass das Bundesverkehrsministerium in einer Rechtsverordnung Vorschriften über die Anordnung eines Fahrverbotes erlassen darf. Aber weil es sich um eineRechtsverodnung und nicht um ein Gesetz handelt, muss die Ermächtigungsgrundlage in der Verordnung noch einmal genannt werden. So steht es im Grundgesetz (Art. 80 Abs. 3 Satz 3 GG).

Die Bundesländer haben das Problem inzwischen erkannt, gehen aber unterschiedlich damit um. Mehrere Bundesländer wollen jetzt die neuen Regeln erst einmal nicht anwenden und die laufenden Verfahren aussetzen. Andere, wie z. Bsp. Sachsen-Anhalt, wollen zu den alten Regeln zurückkehren (MDR-Mitteilung). Mir stellt sich allerdings die Frage, ob das so einfacht geht. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte mit dieser Situation umgehen werden. Allerdings dürfte es sich gegenwärtig lohnen, Bußgeldbescheide, in denen auch ein Fahrverbot angeordnet wurde, nicht bestandskräftig werden zu lassen.

DHV nicht tariffähig – LAG Hamburg vom 22.05.2020

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat der „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“ am 22.05.2020 (Az.: 5 TaBV 15/18) die Tariffähigkeit aberkannt. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass ihr die Durchsetzungskraft fehle, weil sie sich in den einzelnen Bereichen auf viel zuwenig Mitglieder stützen könne.

Die DHV ist eine kleine Gewerkschaft unter dem Dach des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGV). In der Vergangenheit gab es schon mehrfach Verfahren über die Aberkennung der Tariffähigkeit, die allerdings alle scheiterten. In dem aktuellen Verfahren bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamburg zunächst die Tariffähigkeit der DHV. Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidung aber auf und verwies die Sache zurück zum Landesarbeitsgericht Hamburg. In der neuen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Hamburg der DHV die Tariffähigkeit nun aberkannt.

Sollte diese Entscheidung rechtskräftig werden, hat das die Nichtigkeit mehrer Tarifverträge (z.B. Manteltarifvertrag „Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e.V.“) zur Folge. Zahlreiche Verfahren vor den Arbeitsgerichten sind deswegen bereits ausgesetzt. Sie werden erst wieder aufgenommen werden, wenn wirklich abschließend geklärt wurde, ob die DHV tariffähig war. Erst dann wird auch feststehen, ob die von der DHV ausgehandelten Tarifverträge anzuwenden sind oder nicht.

Link zum Beck-Verlag

Was der BGH zum Abgas-Betrug sagt

Erfreulich klare Worte hat der BGH gefunden, um das Verhalten des Volkswagen-Konzerns in einem der sog. Diesel-Fälle zu bewerten. Die Pressemitteilung vom 25.05.2020 (https://www.bundesgerichtshof.de/…/Pre…/DE/2020/2020063.html) bringt es auf den Punkt:

„…Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB haftet. Das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. (…)
…, dass die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software von den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Beklagten verantwortlichen vormaligen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist. …“

Der BGH bescheinigt VW also bewusste und gewollte Täuschung in mindestens einer Million Fälle auf Grundlage einer strategischen Entscheidung, nicht weniger. Offensichtlich wollte VW diese überaus vernichtenden Urteilsgründe des höchsten deutschen Zivilgerichts verhindern, als der Konzern den betroffenen Käufern immer wieder Vergleiche anbot. Diese Strategie ist spätestens jetzt gescheitert.

Mund-Nasen-Schutz

Seit heute gilt in Sachsen-Anhalt die Pflicht, im öffentlichen Personennahverkehr sowie in Ladengeschäften einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen (die Rechtsverordnung spricht hier von einer textilen Barriere im Sinne eines Mund-Nasen-Schutzes. Doch was ist damit genau gemeint? Etwas mehr Klarheit gibt die amtliche Begründung der Landesregierung, die ich an dieser Stelle wörtlich zitieren möchte:

„Als entsprechende textile Barriere im Sinne eines Mund-Nasen-Schutzes ist dabei jeder Schutz anzusehen, der aufgrund seiner Beschaffenheit geeignet ist, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchen, Partikeln durch Husten, Niesen, Aussprache und Atmung zu verringern, unabhängig von einer Kennzeichnung oder Zertifizierung. Um die Beschaffungswege für die Bevölkerung dabei so niederschwellig zu halten, sind aus Baumwolle oder anderem geeigneten Material, etwa Rohseide, selbst hergestellte Masken, aber auch Schals, Tücher und Buffs aus diesen Materialien ausreichend. Dies können auch bereits in jedem Haushalt vorzufindenden Dinge aus Baumwollstoff, wie beispielsweise ein Geschirrtuch aus Baumwolle, ein T-Shirt aber auch ein Halstuch aus Rohseide, usw. sein.“

Damit wird klar, dass die Anforderungen sehr gering sind. Es reicht praktisch jeder textile Stoff, sofern er Mund und Nase bedeckt.

Gesundheitsfragebögen für alle Arbeitnehmer?

Heute erreichten mich einige Anfragen aus der Stadt Halle, ob alle Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn Gesundheitsfragebögen auszufüllen hätten. Grund war der Umstand, dass der Oberbürgermeister der Stadt Halle etwas derartiges in seiner heutigen Pressekonferenz gesagt hatte (nachzulesen auch unter: https://www.halle.de/…/Verwaltung/Presseportal/Nachrichten/…).
Das war mir allerdings auch neu. Nach entsprechender Recherche bin ich aber der Meinung, dass hier nur eine missverständliche Wiedergabe der Allgemeinverfügung der Stadt Halle vom 28.03.2020 vorliegt. Nach dieser Allgemeinverfügung (die in der Stadt Halle auch nach Aufhebung des Katastrophenfalles noch bis einschließlich 19.04.2020 gilt) besteht die Pflicht, Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn Gesundheitsfragebögen ausfüllen zu lassen, nur für „Beschäftigte von Krankenhäusern, Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Altenheimen sowie Personen der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr“ und somit nicht für alle anderen Arbeitnehmer.
So langsam wird es schwierig, den Überblick zu behalten über die Vielzahl verschiedener und sich ändernder Regelungen.

Widersprüchliche Auslegung der eigenen Rechtsverordnung durch das Sozialministerium

Das Sozialministerium Sachsen-Anhalt hat zum bevorstehenden Osterfest einige Fragen und Antworten veröffentlicht, die eine Hilfestellung zum Umgang mit den Regeln zur Eindämmung des Corona-Virus geben sollen. Leider sind die gegebenen Antworten aber teilweise widersprüchlich. Beispielsweise wird ausgeführt, dass der Besuch von Angehörigen, insbesondere der (Schwieger-)Eltern, Kinder und Großeltern grundsätzlich möglich sei. Dagegen sollen Spaziergänge nur von Familienmitgliedern des eigenen Hausstandes oder mit maximal einer zusätzlichen Person zulässig sein. Auch das Grillen soll auf privaten Grundstücken nur im Kreise der Kernfamilien zulässig sein. Im Umkehrschluss würde das aber bedeuten, dass sich nähere Angehörige sich zwar besuchen dürfen, gleichzeitig aber der gemeinsame Osterspaziergang der erweiterten Familie oder das gemeinsame Grillen mit diesem Besuch auf dem eigenen Grundstück nicht möglich sein soll. Das passt nicht so recht zusammen.

Ich interpretiere den mir vorliegenden Text der dritten Corona-Eindämmungsverordnung deutlich restriktiver. Das ergibt sich sowohl aus dem Text der Rechtsverordnung selbst, als auch von der vom Sozialministerium selbst bekanntgegebenen Begründung des Verordnungstextes. Dort heißt es ausdrücklich: „Insbesondere soll der physische Kontakt zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Hausstandes auf ein absolut nötiges Mindestmaß reduziert werden.“ Das bedeutet für mich aber, dass Familienbesuche über Ostern eben nur die Ausnahme und nicht die Regel sein sollen. Es wäre gut gewesen, wenn das Sozialministerium seine Hinweise in dieser Hinsicht klarer formuliert hätte.

Justiz und Corona

Auch die Justiz hat ihren Betrieb aufgrund der Corona-Krise eingeschränkt. Viele Gerichtsverhandlungen werden verschoben. Es gibt aber Verhandlungen, die nicht aufgeschoben werden können, etwa bestimmte Straf- oder Eilverfahren (einstweilige Verfügungen o.ä.). Die heute in Kraft getretene Rechtsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt legt auch für die Teilnehmer einer Gerichtsverhandlung einen einzuhaltenden Mindestabstand von 1,5 m fest. Aber wie soll bei diesem Mindestabstand das vertrauliche Gespräch zwischen Mandant und Anwalt möglich bleiben? Die Verhandlung kann zwar für solche Unterredungen kurz unterbrochen werden. Allerdings bietet auch der Gerichtsflur bei einem einzuhaltenden Mindestabstand von 1,5 m keine Gewähr dafür, dass das Gespräch unter Mandant und Anwalt bleibt. Ich bin gespannt, wie die Gerichte damit umgehen werden…

Stadt Halle (Saale) weitet die Einschränkungen aus

Inzwischen hat die Stadt Halle (Saale) auf der Grundlage des festgestellten Katastrophenfalles weitere Einschränkungen festgelegt:

Es werden in der Stadt Halle (Saale) sämtliche Veranstaltungen untersagt und alle Gaststätten (im Sinne des Gaststättengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt) für den Publikumsverkehr geschlossen.

Untersagt werden in der Stadt Halle (Saale) auch Besuche in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Ausgenommen bleiben Besuche von Palliativpatienten und Kindern unter 13 Jahren.

Darüber hinaus fordert die Stadt Halle (Saale) Unterstützung der Polizei, der Bundeswehr zur medizinischen Versorgung und beim Pandemie-Stab des Landes Sachsen-Anhalt an.

Der genaue Text der Anordnung ist abrufbar unter: https://www.halle.de/…/Verwaltung/P…/Nachrichten/index.aspx…

Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus in Sachsen-Anhalt in Kraft

Ab heute, den 18.03.2020, ist in Sachsen-Anhalt die Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 in Kraft. Mit dieser Verordnung wird der rechtliche Rahmen für eine weitgehende Einschränkung des öffentlichen Lebens gesetzt.

Ich habe davon abgesehen, an dieser Stelle jeden einzelnen in der Verordnung genannten Betrieb noch einmal aufzuführen. Die vollständige Verordnung kann aber im Internet ( Link zur Rechtsverordnung ) heruntergeladen werden. Bitte schauen Sie sich die Verordnung an, wenn Sie im Zweifel sind, ob Sie davon betroffen sind, oder holen Sie Rechtsrat ein.

Das Wichtigste aus meiner Sicht:

Zahlreiche Gewerbebetriebe dürfen ab sofort nicht mehr für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Das betrifft insbesondere den Einzelhandel (Ausnahme insbesondere: Lebensmittel- und Getränkehandel, Apotheken, Sanitätshäuser, Banken u.a.m.). Im Gegensatz zu anderen Bundesländern dürfen Geschäfte des Buchhandels aber geöffnet bleiben. Außerdem dürfen alle Einzelhändler auch ihre Waren ausliefern. Friseursalons, Handwerker und Dienstleister bleiben in Sachsen-Anhalt ebenfalls von dem Verbot verschont.

Gaststätten dürfen in Sachsen-Anhalt, sofern sie Speisen anbieten, grundsätzlich geöffnet bleiben. Es gelten aber Kapazitätsbeschränkungen (maximal 50 Plätze) sowie ein Mindestabstand von 2 Meter zwischen den Tischen.

Rechtsverbindlich sind nun öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen sowie Ansammlungen mit mehr als 50 Teilnehmern grundsätzlich verboten. Bei Veranstaltungen mit weniger als 50 Teilnehmern muss der Veranstalter sicherstellen, dass zwischen den Teilnehmenden ein Mindestabstand von 2 Metern eingehalten wird und alle anwesenden Personen in einer Anwesenheitsliste erfasst werden müssen.

Sportstätten und Spielplätze sind geschlossen.

Achtung: Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung können als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.

Die Stadt Halle (Saale) hat darüber hinaus den Katastrophenfall ausgerufen. Damit wird in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Gebiete der Stadt zu sperren oder andere Anordnungen und Einschränkungen vorzunehmen. Aktuell ist mir aber noch keine konkrete Maßnahme der Stadt bekannt.

Die Rechtsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt gilt zunächst bis zum 20. April 2020. Eine Verlängerung oder Verkürzung ist natürlich jederzeit möglich. Für den Katastrophenfall in der Stadt Halle (Saale) gelten zunächst keine besonderen Fristen. Das bedeutet, dass der Katastrophenfall bis zu einer ausdrücklichen Erklärung über die Aufhebung in Kraft ist.

Kita- und Schulschließung wegen des Corona-Virus in Halle

Die Stadt Halle (Saale) hat heute als Maßnahme zur Eindämmung des Corona-Virus entschieden, dass Schulen und Kitas ab morgen (13.03.2020) bis zum 27.03.2020 geschlossen werden ( Pressemitteilung in der MZ ). Das stellt gerade die Eltern jüngerer Kinder vor einige Probleme. Gerade wenn keine geeigneten Betreuungspersonen zur Verfügung stehen (die Großeltern kommen als Risikogruppe wegen der Ansteckungsgefahr eher nicht in Frage) stellen sich den Eltern insbesondere zwei Fragen:

 

  1. Muss ich zur Arbeit gehen, wenn ich keinen Betreuer für mein Kind habe?
  2. Was passiert mit meinem Lohnanspruch?

 

Das BGB regelt, dass in Fällen persönlicher unverschuldeter Arbeitsverhinderung die Arbeitspflicht entfällt. Sofern also ein betreuungspflichtiges Kind zu Hause ist, weil die Kita oder Schule geschlossen ist, besteht auch keine Arbeitspflicht. Der Arbeitnehmer muss aber darlegen und beweisen können, dass er tatsächlich keine andere geeignete Person zur Betreuung finden konnte. Aber bis zu welchem Alter ist denn ein Kind betreuungspflichtig? Das ist im Gesetz nicht eindeutig geregelt und daher immer im Einzelfall zu beurteilen. Als maximale Grenze dürfte jedoch im Regelfall das 12. Lebensjahr anzusehen sein (auch das Kinderkrankengeld gibt es nur bis zu dieser Grenze). Wichtig ist jedoch, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber rechtzeitig und zeitnah informieren, wenn sie wegen der Schließung der Schulen oder Kitas nicht zur Arbeit erscheinen können.

Was ist aber mit dem Lohnanspruch? Muss der Lohn trotz nicht geleisteter Arbeit gezahlt werden? Entgeltfortzahlung und Krankengeld greifen hier nicht, weil ja weder der betreuende Elternteil oder das Kind krank ist. Die Lösung findet sich in § 616 BGB. Soweit die Verhinderung des Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter persönlicher Umstände nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ ist, bleibt der Vergütungsanspruch erhalten. Als vorübergehend wurde in der Vergangenheit allerdings im Regelfall nur ein Zeitraum von einigen Tagen (höchstens 5 Tage) angesehen – wobei ich mir aber nicht sicher bin, ob die Arbeitsgerichte angesichts der aktuellen Ausnahmesituation nicht auch längere Zeiträume befürworten würden.

Da die aktuell angeordneten Schließzeiten aber deutlich länger sind, empfiehlt sich daher eine Aufteilung auf verschiedene Betreuungspersonen. Das Risiko, am Ende ohne Lohn dazustehen, kann so reduziert werden.

Wann verfällt nicht genommener Jahresurlaub?

Mit der Frage, wann der nicht genommene Jahresurlaub verfällt, hat sich ein weiteres Mal das Bundesarbeitsgericht befasst. In einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 22.10.2019 (Az.: 9 AZR 98/19; Vorinstanz LAG Sachsen-Anhalt) hat es nochmals klargestellt, dass nicht genommener Urlaub grundsätzlich am 31.12. des jeweiligen Jahres verfällt. Für den im Arbeitsrecht tätigen Juristen ist das keine neue Information. Ich betone das nur, weil mir aus meiner Praxis bekannt ist, dass viele Arbeitnehmer in Unkenntnis der Rechtslage davon ausgehen, dass der nicht genommene Urlaub automatisch in das neue Jahr übertragen wird und bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden kann. Für so manchen Arbeitnehmer gab es dann ein böses Erwachen, als sie feststellen mussten, dass der nicht genommene Urlaub schon am Jahresende ersatzlos verfallen war.
Neu an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist allerdings eine Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers (erstmals festgestellt durch Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 423/16). Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass der Arbeitnehmer in der Lage ist, seinen Urlaub zu nehmen. Notfalls muss er den Arbeitnehmer auch auffordern, den Urlaub zu nehmen. Macht er das nicht, tritt der nicht in Anspruch genommene Urlaub zu dem am 01.01. des Folgejahres neu entstehenden Urlaub hinzu – ohne zwar grundsätzlich ohne Begrenzung auf den 31.03. des Folgejahres! Nur dann, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (oder bei bestimmten Formes des Teilurlaubs) im laufenden Jahr nicht genommen werden kann, gilt die Befristung auf den 31.03. des Folgejahres, sonst nicht, d.h. der nicht genommene Urlaub kann sich über die Jahre aufaddieren.

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig – so hat es das Bundesverfassungsgericht heute entschieden (Pressemitteilung des BVerfG).
Diese Entscheidung dürfte insbesondere bei Ärzten für Palliativmedizin und Sterbebegleitung für erfreuliche Rechtsklarheit sorgen. Denn anders als es der Begriff „geschäftsmäßig“ auf den ersten Blick vermuten lässt, kommt es nicht darauf an, ob es für die aktive Unterstützung eines Suizides eine Gegenleistung gibt. Maßgeblich ist, ob die Hilfeleistung wiederholt (drei Wiederholungen können schon ausreichen) erbracht wird. Das führte zwangsläufig dazu, dass kaum noch ein Arzt das Risiko einging, strafrechtlich wegen geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung (§ 217 Abs. StGB) belangt zu werden.

Ab wann gilt die neue StVO?

Umfangreiche Änderungen der Straßenverkehrsverordnung beschlossen – aber ab wann sollen die Änderungen gelten?

Am vergangenen Freitag (14.02.2010) ging die Meldung über die umfangreichen Änderungen im Straßenverkehrsrecht durch die Presse. Aber wann wird es denn nun ernst?
Nun, das steht noch nicht fest, weil der Bundesrat dem Entwurf der Bundesregierung nicht uneingeschränkt zugestimmt und mehrere Änderungsvorschläge unterbreitet hat. Das Bundesverkehrsministerium wird die Änderungen nun umsetzen. Anschließend wird die neue StVO im Bundesgesetzblatt verkündet. Am Tag nach der Verkündung gelten dann die neuen Regeln (mit Ausnahme einiger Zuständigkeitsregeln).
Eine recht übersichtliche Aufstellung der neuen Regelungen gibt das Bundesverkehrsministerium hier:

Link

MPU oder (landläufig) Idiotentest

Der „Idiotentest“ oder „MPU“ (so die offizielle Bezeichnung) ist immer wieder ein Dauerbrenner, bei dem die Emotionen schnell die Kontrolle in der Diskussion übernehmen. Meine Erfahrung in zahlreichen Fällen besagt: Der Test kann durchaus bestanden werden – allerdings ist eine vorherige intensive Vorbereitung dringend zu empfehlen. Leichtfertige Aussagen im Test wie etwa: „… da war ich ein bisschen lustig…“, wenn über eine Trunkenheitsfahrt mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,1 Promille (ab diesem Wert gilt man als absolut fahruntüchtig) gesprochen wird, sind schon fast eine Garantie, um den Test nicht zu bestehen. Diesen Fall hatte ich vor einiger Zeit tatsächlich – allerdings hatte sich der Betroffene eben nicht auf den Test vorbereitet und kam erst zu mir, als – sprichwörtlich – das Kind schon in den Brunnen gefallen war …

 

So bereiten Sie sich auf die MPU vor – mz-web.de

Vorsorgevollmachten und Beglaubigungen

Nicht nur bei der Beglaubigung einer Vorsorgevollmacht, sondern generell sollte bei Vorsorgevollmachten größtmögliche Sorgfalt das Maß der Dinge sein. Denn anders als bei einer „normalen“ Vollmacht kommt eine Vorsorgevollmacht erst dann zum Einsatz, wenn man den Vollmachtgeber bei Zweifeln oder Unklarheiten nicht mehr fragen kann.
Wenn inhaltliche Fragen besprochen sind, muss die Frage geklärt werden, ob tatsächlich auch eine notarielle Beglaubigung oder Beurkundung der Vollmacht notwendig ist. Wirklich zwingend erforderlich ist das beispielsweise nur bei Grundstücksgeschäften ( OLG Köln, Urteil vom 30.10.2019, Az. I-2 Wx 327/19 ). Sind jedoch keine Grundstücke vorhanden, ist eine notarielle Vollmacht nicht unbedingt erforderlich.
Ein spezieller Fall sind Bankvollmachten. Hier empfehle ich, immer das vom jeweiligen Bankinstitut vorgegebene Formular zu verwenden. Nach meiner Erfahrung im Umgang mit Kreditinstituten vermeidet das in ganz entscheidendem Maße Streitigkeiten bei der Anerkennung der Vollmacht.

WhatsApp im Kinderzimmer

Ein gut geschriebener Artikel zu einem sehr aktuellen Thema ( Artikel bei mz-web.de )

Der Text ist fachlich fundiert und deshalb allen Eltern zu empfehlen. Ich würde aber noch eine wichtige Ergänzung hinzufügen:
Neben der im Artikel besprochenen strafrechtlichen Seite gibt es u.U. gravierende zivilrechtliche Folgen, bei denen die (nur im Strafrecht geltende) Grenze des 14. Lebensjahres nicht gilt. Ein Beispiel: Ein 13-järiges Kind macht nach dem Training im Sportverein in der Umkleidekabine mit dem Smartphone Bilder, auf denen auch (nur leicht bekleidete) andere Kinder der Trainingsgruppe zu sehen sind. Diese Bilder werden in verschiedene WhatsApp-Gruppen eingestellt und natürlich mehr oder weniger deftig kommentiert. Obwohl eine Strafbarkeit schon allein wegen fehlender Strafmündigkeit ausscheidet, kann das Kind durchaus auf Unterlassung und -abhängig vom Einzelfall- Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Da stehen dann auch ganz schnell vierstellige Beträge (oder sogar höher) zur Debatte, die zu zahlen sind.
Aus meiner Sicht ist es wichtig, auch bezüglich dieser Folgen, mehr Sensibilität zu entwickeln. Nach meinem persönlichen Eindruck ist es den allermeisten Kindern und Jugendlichen nicht bewusst, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen, wenn bedenkenlos alle möglichen Bilder gepostet werden.

Wörtlich verstandene Werbung

Werbung einfach mal wörtlich verstehen, hat sich ein findiger Zeitgenosse da wohl gesagt – und vor dem OLG München auch Recht bekommen. Ich denke, dieses Urteil wird in den Marketing-Abteilungen wohl zur Pflichtlektüre werden. Ignorieren könnte irgendwann zu teuer werden …

Hier gehts zum Urteil

Testament PC

Computergeschriebenes Testament?

Wir leben im digitalen Zeitalter. Da sollte es doch möglich sein, ein Testament auf dem Computer zu schreiben, auszudrucken und nur noch zu unterschreiben, oder?

BITTE NICHT!

PrivatschriftlicheTestamente müssen aus gutem Grund vollständig mit der Hand geschrieben sein. Denn anhand der Handschrift können Sachverständige später, d.h. wenn der Verfasser nicht mehr lebt (und deshalb nicht mehr befragt werden kann) das Testament zum Beispiel auf Echtheit prüfen.
Ich hatte vor einiger Zeit tatsächlichen einen Fall, in dem ein Verstorbener ein computergeschriebenes Testament hinterlassen hatte, mit dem eine bestimmte Person enterbt werden sollte. Weil dasTestament aber nicht mit der Hand geschrieben wurde, war es formunwirksam und nichtig. Das Testament gilt in diesen Fällen als nicht existent und die gesetzliche Erbfolge tritt ein. Im erwähnten Fall erbte letztendlich die Person, die nach dem Willen des Verstorbenen nichts bekommen sollte.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Videoüberwachung am Arbeitsplatz, ein Dauerbrenner. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 24.05.2019, Az.: 2 Sa 214/18) die Grenzen dessen, was erlaubt ist, noch einmal mitgeteilt.
Danach müssen konkrete Gründe für eine Videoüberwachung des Arbeitsplatzes vorliegen. Das können beispielsweise Sicherheitsinteressen des Arbeitgebers gegenüber Kunden sein. In dem entschiedenen Fall ging es aber um die Überwachung nicht für Kunden zugänglicher Bereiche und um senkrecht über der Kassentheke angebrachte Kameras. In beiden Fällen konnte der Arbeitgeber nicht plausibel darlegen, dass die Kameras dazu dienten, Kunden von Diebstählen abzuhalten oder Diebstähle aufzuklären. Nur wenn es konkrete Anhaltspunkte für Diebstähle o.ä. durch die Mitarbeiter gegeben hätte, wäre der Einsatz der Kameras in Frage gekommen.
Fazit: Arbeitgeber sollten gut abwägen, bevor Kameras angebracht werden. Verstöße können sehr teuer werden. Der betreffende Arbeitnehmer bekam letztendlich 2.000,00 € zugesprochen – bei einer Beschäftigungszeit von weniger als einem Jahr.