Nachlass überschuldet und das Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden – was ist zu tun?

Nachlass überschuldet und das Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden

Ein nicht seltener Fall in der Praxis. Die Mutter oder der Vater stirbt, ohne größeres Vermögen zu hinterlassen. Das Vermögen reicht gerade aus, um die Beisetzung und die Erledigung der wichtigsten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Abwicklung des Erbfalles zu bezahlen. Ein Jahr später trifft plötzlich ein Brief vom Finanzamt ein. Es ist ein Bescheid über Einkommenssteuer, die der Erbe für den Verstorbenen zahlen soll.

Eine nähere Prüfung ergibt, dass der Verstorbene tatsächlich (pflichtwidrig) keine Einkommenssteuererklärung abgegeben hat. Das Finanzamt hat die Renteneinkünfte des Verstorbenen anhand der Mitteilungen der Rentenversicherung korrekt ermittelt. Die Forderung des Finanzamtes auf Zahlung der Einkommenssteuer erscheint erst einmal begründet. Schließlich haftet der Erbe grundsätzlich auch für die Schulden im Nachlass.

Da die sechswöchige Frist für die Ausschlagung des Erbes ausgeschlagen ist, kann das Erbe nicht mehr ausgeschlagen werden. Theoretisch ist es zwar möglich, die Unterlassung der Ausschlagung nachträglich anzufechten (z. Bsp. wegen der nachträglichen Erkenntnis, dass der Nachlass überschuldet ist). Meine Erfahrungen mit der Praxis besagen aber, dass die Gerichte hier sehr hohe Hürden stellen, so dass dieser Weg nur in wenigen Fällen erfolgreich ist.

Der Erbe stellt also mit Erschrecken fest, dass er Geld an das Finanzamt zahlen soll, obwohl doch kein Geld mehr aus dem Erbe vorhanden ist. Der Nachlass ist überschuldet und das Erbe kann nicht mehr ausgeschlagen werden.

Was ist zu tun?

Abhilfe kann in diesem Fall die Erhebung der sog. “Dürftigkeitseinrede“ bringen. Danach ist der Erbe berechtigt, die Begleichung von Nachlassschulden zu verweigern, wenn das Vermögen des Nachlasses nicht mehr ausreicht. Weitere Voraussetzung ist, dass die Anordnung einer Nachlassverwaltung oder -insolvenz mangels Masse nicht geboten ist. Diese „Dürftigkeitseinrede“ gilt auch gegenüber dem Finanzamt. Eine Einschränkung besteht aber insoweit, dass sie dort erst im Vollstreckungsverfahren anerkannt wird. Ein Einspruch gegen den oben erwähnten Steuerbescheid mit der Begründung, dass der Nachlass erschöpft ist, wird daher kaum erfolgreich sein.

Es empfiehlt sich aber, gegenüber dem Finanzamt bereits in jeder Phase des Verfahrens immer wieder auf den nicht ausreichenden Nachlass hinzuweisen. Falls das nicht hilft, sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung – §128a ZPO

Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung – Dank der Corona-Krise erwacht eine fast zwanzigjährige Rechtsvorschrift aus dem Dornröschenschlaf zum Leben.

Eigentlich handelt es sich bei § 128a ZPO um eine Vorschrift, mit der ich praktisch seit Beginn meiner Anwaltstätigkeit im Jahr 2000 schon einmal hätte in Berührung kommen können, ja vielleicht sogar müssen. Schließlich wurde § 128a ZPO schon 2001 in Kraft gesetzt. Dennoch habe ich diesen Paragrafen nie in der praktischen Anwendung erlebt. § 128a ZPO lag praktisch im Dornröschenschlaf.

Wie die Überschrift schon verrät, ermöglicht § 128a ZPO dem Zivilgericht, eine Gerichtsverhandlungen per Videoübertragung mit den Prozessbeteiligten zu führen. Dennoch wurde in der Vergangenheit von dieser Vorschrift so gut wie nicht Gebrauch gemacht. Jedenfalls ist mir kein einziger konkreter Fall bekannt geworden, in dem ein Zivilgericht auf diese Art und Weise eine Verhandlung geführt hätte.

Doch am heutigen Tage war es dann tatsächlich soweit. Gegenwärtig führe ich als Verfahrensbevollmächtigter einen Zivilprozess vor dem Landgericht Oldenburg (Oldenburg). Zur der anstehenden mündlichen Verhandlung hätte ich normalerweise zum Landgericht nach Oldenburg in Niedersachsen reisen müssen. Hin- und Rückfahrt hätten bei einer Fahrtsrecke von 2 x ca. 380 km für mich eine Tagesreise bedeutet. Doch dazu kam es nicht.  Der zuständige Richter am Landgericht Oldenburg (Oldenburg)  hatte vor dem heutigen Sitzungstermin die Möglichkeit angeboten, per Bild- und Tonübertragung zu verhandeln. Sowohl der Kollege auf der Gegenseite als auch ich haben zugestimmt. So kam es, dass ich heute erstmalig an einer Gerichtsverhandlung per Bild- und Tonübertragung teilgenommen habe. Für mich persönlich ist § 128a ZPO sozusagen heute zum Leben erwacht.

Natürlich eignet sich nicht jedes Verfahren dazu, per Videoübertragung zu verhandeln. Ganz sicher schlummert in § 128a ZPO aber noch sehr viel Potential. In Verfahren mit nicht zu umfangreichen Sachverhalten kann gut per Videoübertragung verhandelt werden. Das gilt auch, wenn Prozessbeteiligte sehr weite Anfahrtswege haben. Ich bin überzeugt, dass nicht zuletzt durch die gegenwärtig herrschende Corona-Pandemie so manches Gericht § 128a ZPO neu entdecken und anwenden wird.

Was der BGH zum Abgas-Betrug sagt

Erfreulich klare Worte hat der BGH gefunden, um das Verhalten des Volkswagen-Konzerns in einem der sog. Diesel-Fälle zu bewerten. Die Pressemitteilung vom 25.05.2020 (https://www.bundesgerichtshof.de/…/Pre…/DE/2020/2020063.html) bringt es auf den Punkt:

„…Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB haftet. Das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. (…)
…, dass die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software von den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Beklagten verantwortlichen vormaligen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist. …“

Der BGH bescheinigt VW also bewusste und gewollte Täuschung in mindestens einer Million Fälle auf Grundlage einer strategischen Entscheidung, nicht weniger. Offensichtlich wollte VW diese überaus vernichtenden Urteilsgründe des höchsten deutschen Zivilgerichts verhindern, als der Konzern den betroffenen Käufern immer wieder Vergleiche anbot. Diese Strategie ist spätestens jetzt gescheitert.

Mund-Nasen-Schutz

Seit heute gilt in Sachsen-Anhalt die Pflicht, im öffentlichen Personennahverkehr sowie in Ladengeschäften einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen (die Rechtsverordnung spricht hier von einer textilen Barriere im Sinne eines Mund-Nasen-Schutzes. Doch was ist damit genau gemeint? Etwas mehr Klarheit gibt die amtliche Begründung der Landesregierung, die ich an dieser Stelle wörtlich zitieren möchte:

„Als entsprechende textile Barriere im Sinne eines Mund-Nasen-Schutzes ist dabei jeder Schutz anzusehen, der aufgrund seiner Beschaffenheit geeignet ist, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchen, Partikeln durch Husten, Niesen, Aussprache und Atmung zu verringern, unabhängig von einer Kennzeichnung oder Zertifizierung. Um die Beschaffungswege für die Bevölkerung dabei so niederschwellig zu halten, sind aus Baumwolle oder anderem geeigneten Material, etwa Rohseide, selbst hergestellte Masken, aber auch Schals, Tücher und Buffs aus diesen Materialien ausreichend. Dies können auch bereits in jedem Haushalt vorzufindenden Dinge aus Baumwollstoff, wie beispielsweise ein Geschirrtuch aus Baumwolle, ein T-Shirt aber auch ein Halstuch aus Rohseide, usw. sein.“

Damit wird klar, dass die Anforderungen sehr gering sind. Es reicht praktisch jeder textile Stoff, sofern er Mund und Nase bedeckt.

Gesundheitsfragebögen für alle Arbeitnehmer?

Heute erreichten mich einige Anfragen aus der Stadt Halle, ob alle Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn Gesundheitsfragebögen auszufüllen hätten. Grund war der Umstand, dass der Oberbürgermeister der Stadt Halle etwas derartiges in seiner heutigen Pressekonferenz gesagt hatte (nachzulesen auch unter: https://www.halle.de/…/Verwaltung/Presseportal/Nachrichten/…).
Das war mir allerdings auch neu. Nach entsprechender Recherche bin ich aber der Meinung, dass hier nur eine missverständliche Wiedergabe der Allgemeinverfügung der Stadt Halle vom 28.03.2020 vorliegt. Nach dieser Allgemeinverfügung (die in der Stadt Halle auch nach Aufhebung des Katastrophenfalles noch bis einschließlich 19.04.2020 gilt) besteht die Pflicht, Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn Gesundheitsfragebögen ausfüllen zu lassen, nur für „Beschäftigte von Krankenhäusern, Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Altenheimen sowie Personen der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr“ und somit nicht für alle anderen Arbeitnehmer.
So langsam wird es schwierig, den Überblick zu behalten über die Vielzahl verschiedener und sich ändernder Regelungen.

Widersprüchliche Auslegung der eigenen Rechtsverordnung durch das Sozialministerium

Das Sozialministerium Sachsen-Anhalt hat zum bevorstehenden Osterfest einige Fragen und Antworten veröffentlicht, die eine Hilfestellung zum Umgang mit den Regeln zur Eindämmung des Corona-Virus geben sollen. Leider sind die gegebenen Antworten aber teilweise widersprüchlich. Beispielsweise wird ausgeführt, dass der Besuch von Angehörigen, insbesondere der (Schwieger-)Eltern, Kinder und Großeltern grundsätzlich möglich sei. Dagegen sollen Spaziergänge nur von Familienmitgliedern des eigenen Hausstandes oder mit maximal einer zusätzlichen Person zulässig sein. Auch das Grillen soll auf privaten Grundstücken nur im Kreise der Kernfamilien zulässig sein. Im Umkehrschluss würde das aber bedeuten, dass sich nähere Angehörige sich zwar besuchen dürfen, gleichzeitig aber der gemeinsame Osterspaziergang der erweiterten Familie oder das gemeinsame Grillen mit diesem Besuch auf dem eigenen Grundstück nicht möglich sein soll. Das passt nicht so recht zusammen.

Ich interpretiere den mir vorliegenden Text der dritten Corona-Eindämmungsverordnung deutlich restriktiver. Das ergibt sich sowohl aus dem Text der Rechtsverordnung selbst, als auch von der vom Sozialministerium selbst bekanntgegebenen Begründung des Verordnungstextes. Dort heißt es ausdrücklich: „Insbesondere soll der physische Kontakt zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Hausstandes auf ein absolut nötiges Mindestmaß reduziert werden.“ Das bedeutet für mich aber, dass Familienbesuche über Ostern eben nur die Ausnahme und nicht die Regel sein sollen. Es wäre gut gewesen, wenn das Sozialministerium seine Hinweise in dieser Hinsicht klarer formuliert hätte.

Justiz und Corona

Auch die Justiz hat ihren Betrieb aufgrund der Corona-Krise eingeschränkt. Viele Gerichtsverhandlungen werden verschoben. Es gibt aber Verhandlungen, die nicht aufgeschoben werden können, etwa bestimmte Straf- oder Eilverfahren (einstweilige Verfügungen o.ä.). Die heute in Kraft getretene Rechtsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt legt auch für die Teilnehmer einer Gerichtsverhandlung einen einzuhaltenden Mindestabstand von 1,5 m fest. Aber wie soll bei diesem Mindestabstand das vertrauliche Gespräch zwischen Mandant und Anwalt möglich bleiben? Die Verhandlung kann zwar für solche Unterredungen kurz unterbrochen werden. Allerdings bietet auch der Gerichtsflur bei einem einzuhaltenden Mindestabstand von 1,5 m keine Gewähr dafür, dass das Gespräch unter Mandant und Anwalt bleibt. Ich bin gespannt, wie die Gerichte damit umgehen werden…

Stadt Halle (Saale) weitet die Einschränkungen aus

Inzwischen hat die Stadt Halle (Saale) auf der Grundlage des festgestellten Katastrophenfalles weitere Einschränkungen festgelegt:

Es werden in der Stadt Halle (Saale) sämtliche Veranstaltungen untersagt und alle Gaststätten (im Sinne des Gaststättengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt) für den Publikumsverkehr geschlossen.

Untersagt werden in der Stadt Halle (Saale) auch Besuche in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Ausgenommen bleiben Besuche von Palliativpatienten und Kindern unter 13 Jahren.

Darüber hinaus fordert die Stadt Halle (Saale) Unterstützung der Polizei, der Bundeswehr zur medizinischen Versorgung und beim Pandemie-Stab des Landes Sachsen-Anhalt an.

Der genaue Text der Anordnung ist abrufbar unter: https://www.halle.de/…/Verwaltung/P…/Nachrichten/index.aspx…

Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus in Sachsen-Anhalt in Kraft

Ab heute, den 18.03.2020, ist in Sachsen-Anhalt die Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 in Kraft. Mit dieser Verordnung wird der rechtliche Rahmen für eine weitgehende Einschränkung des öffentlichen Lebens gesetzt.

Ich habe davon abgesehen, an dieser Stelle jeden einzelnen in der Verordnung genannten Betrieb noch einmal aufzuführen. Die vollständige Verordnung kann aber im Internet ( Link zur Rechtsverordnung ) heruntergeladen werden. Bitte schauen Sie sich die Verordnung an, wenn Sie im Zweifel sind, ob Sie davon betroffen sind, oder holen Sie Rechtsrat ein.

Das Wichtigste aus meiner Sicht:

Zahlreiche Gewerbebetriebe dürfen ab sofort nicht mehr für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Das betrifft insbesondere den Einzelhandel (Ausnahme insbesondere: Lebensmittel- und Getränkehandel, Apotheken, Sanitätshäuser, Banken u.a.m.). Im Gegensatz zu anderen Bundesländern dürfen Geschäfte des Buchhandels aber geöffnet bleiben. Außerdem dürfen alle Einzelhändler auch ihre Waren ausliefern. Friseursalons, Handwerker und Dienstleister bleiben in Sachsen-Anhalt ebenfalls von dem Verbot verschont.

Gaststätten dürfen in Sachsen-Anhalt, sofern sie Speisen anbieten, grundsätzlich geöffnet bleiben. Es gelten aber Kapazitätsbeschränkungen (maximal 50 Plätze) sowie ein Mindestabstand von 2 Meter zwischen den Tischen.

Rechtsverbindlich sind nun öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen sowie Ansammlungen mit mehr als 50 Teilnehmern grundsätzlich verboten. Bei Veranstaltungen mit weniger als 50 Teilnehmern muss der Veranstalter sicherstellen, dass zwischen den Teilnehmenden ein Mindestabstand von 2 Metern eingehalten wird und alle anwesenden Personen in einer Anwesenheitsliste erfasst werden müssen.

Sportstätten und Spielplätze sind geschlossen.

Achtung: Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung können als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.

Die Stadt Halle (Saale) hat darüber hinaus den Katastrophenfall ausgerufen. Damit wird in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Gebiete der Stadt zu sperren oder andere Anordnungen und Einschränkungen vorzunehmen. Aktuell ist mir aber noch keine konkrete Maßnahme der Stadt bekannt.

Die Rechtsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt gilt zunächst bis zum 20. April 2020. Eine Verlängerung oder Verkürzung ist natürlich jederzeit möglich. Für den Katastrophenfall in der Stadt Halle (Saale) gelten zunächst keine besonderen Fristen. Das bedeutet, dass der Katastrophenfall bis zu einer ausdrücklichen Erklärung über die Aufhebung in Kraft ist.

Kita- und Schulschließung wegen des Corona-Virus in Halle

Die Stadt Halle (Saale) hat heute als Maßnahme zur Eindämmung des Corona-Virus entschieden, dass Schulen und Kitas ab morgen (13.03.2020) bis zum 27.03.2020 geschlossen werden ( Pressemitteilung in der MZ ). Das stellt gerade die Eltern jüngerer Kinder vor einige Probleme. Gerade wenn keine geeigneten Betreuungspersonen zur Verfügung stehen (die Großeltern kommen als Risikogruppe wegen der Ansteckungsgefahr eher nicht in Frage) stellen sich den Eltern insbesondere zwei Fragen:

 

  1. Muss ich zur Arbeit gehen, wenn ich keinen Betreuer für mein Kind habe?
  2. Was passiert mit meinem Lohnanspruch?

 

Das BGB regelt, dass in Fällen persönlicher unverschuldeter Arbeitsverhinderung die Arbeitspflicht entfällt. Sofern also ein betreuungspflichtiges Kind zu Hause ist, weil die Kita oder Schule geschlossen ist, besteht auch keine Arbeitspflicht. Der Arbeitnehmer muss aber darlegen und beweisen können, dass er tatsächlich keine andere geeignete Person zur Betreuung finden konnte. Aber bis zu welchem Alter ist denn ein Kind betreuungspflichtig? Das ist im Gesetz nicht eindeutig geregelt und daher immer im Einzelfall zu beurteilen. Als maximale Grenze dürfte jedoch im Regelfall das 12. Lebensjahr anzusehen sein (auch das Kinderkrankengeld gibt es nur bis zu dieser Grenze). Wichtig ist jedoch, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber rechtzeitig und zeitnah informieren, wenn sie wegen der Schließung der Schulen oder Kitas nicht zur Arbeit erscheinen können.

Was ist aber mit dem Lohnanspruch? Muss der Lohn trotz nicht geleisteter Arbeit gezahlt werden? Entgeltfortzahlung und Krankengeld greifen hier nicht, weil ja weder der betreuende Elternteil oder das Kind krank ist. Die Lösung findet sich in § 616 BGB. Soweit die Verhinderung des Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter persönlicher Umstände nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ ist, bleibt der Vergütungsanspruch erhalten. Als vorübergehend wurde in der Vergangenheit allerdings im Regelfall nur ein Zeitraum von einigen Tagen (höchstens 5 Tage) angesehen – wobei ich mir aber nicht sicher bin, ob die Arbeitsgerichte angesichts der aktuellen Ausnahmesituation nicht auch längere Zeiträume befürworten würden.

Da die aktuell angeordneten Schließzeiten aber deutlich länger sind, empfiehlt sich daher eine Aufteilung auf verschiedene Betreuungspersonen. Das Risiko, am Ende ohne Lohn dazustehen, kann so reduziert werden.

Wann verfällt nicht genommener Jahresurlaub?

Mit der Frage, wann der nicht genommene Jahresurlaub verfällt, hat sich ein weiteres Mal das Bundesarbeitsgericht befasst. In einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 22.10.2019 (Az.: 9 AZR 98/19; Vorinstanz LAG Sachsen-Anhalt) hat es nochmals klargestellt, dass nicht genommener Urlaub grundsätzlich am 31.12. des jeweiligen Jahres verfällt. Für den im Arbeitsrecht tätigen Juristen ist das keine neue Information. Ich betone das nur, weil mir aus meiner Praxis bekannt ist, dass viele Arbeitnehmer in Unkenntnis der Rechtslage davon ausgehen, dass der nicht genommene Urlaub automatisch in das neue Jahr übertragen wird und bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden kann. Für so manchen Arbeitnehmer gab es dann ein böses Erwachen, als sie feststellen mussten, dass der nicht genommene Urlaub schon am Jahresende ersatzlos verfallen war.
Neu an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist allerdings eine Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers (erstmals festgestellt durch Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 423/16). Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass der Arbeitnehmer in der Lage ist, seinen Urlaub zu nehmen. Notfalls muss er den Arbeitnehmer auch auffordern, den Urlaub zu nehmen. Macht er das nicht, tritt der nicht in Anspruch genommene Urlaub zu dem am 01.01. des Folgejahres neu entstehenden Urlaub hinzu – ohne zwar grundsätzlich ohne Begrenzung auf den 31.03. des Folgejahres! Nur dann, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (oder bei bestimmten Formes des Teilurlaubs) im laufenden Jahr nicht genommen werden kann, gilt die Befristung auf den 31.03. des Folgejahres, sonst nicht, d.h. der nicht genommene Urlaub kann sich über die Jahre aufaddieren.

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig – so hat es das Bundesverfassungsgericht heute entschieden (Pressemitteilung des BVerfG).
Diese Entscheidung dürfte insbesondere bei Ärzten für Palliativmedizin und Sterbebegleitung für erfreuliche Rechtsklarheit sorgen. Denn anders als es der Begriff „geschäftsmäßig“ auf den ersten Blick vermuten lässt, kommt es nicht darauf an, ob es für die aktive Unterstützung eines Suizides eine Gegenleistung gibt. Maßgeblich ist, ob die Hilfeleistung wiederholt (drei Wiederholungen können schon ausreichen) erbracht wird. Das führte zwangsläufig dazu, dass kaum noch ein Arzt das Risiko einging, strafrechtlich wegen geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung (§ 217 Abs. StGB) belangt zu werden.

WhatsApp im Kinderzimmer

Ein gut geschriebener Artikel zu einem sehr aktuellen Thema ( Artikel bei mz-web.de )

Der Text ist fachlich fundiert und deshalb allen Eltern zu empfehlen. Ich würde aber noch eine wichtige Ergänzung hinzufügen:
Neben der im Artikel besprochenen strafrechtlichen Seite gibt es u.U. gravierende zivilrechtliche Folgen, bei denen die (nur im Strafrecht geltende) Grenze des 14. Lebensjahres nicht gilt. Ein Beispiel: Ein 13-järiges Kind macht nach dem Training im Sportverein in der Umkleidekabine mit dem Smartphone Bilder, auf denen auch (nur leicht bekleidete) andere Kinder der Trainingsgruppe zu sehen sind. Diese Bilder werden in verschiedene WhatsApp-Gruppen eingestellt und natürlich mehr oder weniger deftig kommentiert. Obwohl eine Strafbarkeit schon allein wegen fehlender Strafmündigkeit ausscheidet, kann das Kind durchaus auf Unterlassung und -abhängig vom Einzelfall- Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Da stehen dann auch ganz schnell vierstellige Beträge (oder sogar höher) zur Debatte, die zu zahlen sind.
Aus meiner Sicht ist es wichtig, auch bezüglich dieser Folgen, mehr Sensibilität zu entwickeln. Nach meinem persönlichen Eindruck ist es den allermeisten Kindern und Jugendlichen nicht bewusst, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen, wenn bedenkenlos alle möglichen Bilder gepostet werden.

Wörtlich verstandene Werbung

Werbung einfach mal wörtlich verstehen, hat sich ein findiger Zeitgenosse da wohl gesagt – und vor dem OLG München auch Recht bekommen. Ich denke, dieses Urteil wird in den Marketing-Abteilungen wohl zur Pflichtlektüre werden. Ignorieren könnte irgendwann zu teuer werden …

Hier gehts zum Urteil